Deal or no Deal

Deal or no Deal

2. April 2024 0 Von adminMarugg

«Deal or no Deal», war die Frage. Mit diesem Titel möchte ich über eine sehr spezielle Erfahrung einer Verhandlung erzählen. Dabei geht es um eine nationale Arline aus dem Mittelmeerraum und einem Anbieter eines Airline-Passagier-Reservationssystems. Die staatliche Airline hatte sich für vor zwei Jahren für dessen Hosting entschieden. Aus nicht klar definierten Gründen war die Bezahlung eines einstelligen Millionenbetrages für die Dienstleistungen seit Monaten noch offen. Bevor man mich auf die Mittelmeerinsel schickte, hatten das Finanzdepartement und der Rechtsdienst erfolglos versucht die Angelegenheit zum Guten zu regeln.

Typisch schweizerisch habe ich dann am gleichen Tag den Hin- und Rückflug gebucht. Vor dem Abflug erhielt ich noch klare Weisungen von der Konzernleitung mit einem unumgehbaren Ultimatum «zahlen oder die Dienstleistung wird innert Monatsfrist abgestellt».

Auf der Mittelmeerinsel gelandet eilte ich schnellstens zum Hauptsitz der Airline, war doch da das Treffen mit dem Präsidenten und dem CEO auf 11 Uhr vereinbart. Nervös und gelangweilt zugleich wartete ich da über eine Stunde im Vorraum. Die Direktionssekretärin erklärt mir dann, dass der Präsident
zum Mittagessen ans Meer runter gefahren sei. Man würde mich hinfahren. Unten am Meer angekommen wurde ich vorbei an einigen Fischerhütten zu einem unscheinbaren kleinen Restaurant geführt. Da sassen etwa zehn Herren die sich gerade von der Fischerin den Tagesfang zeigen liessen.Die Begrüssung war für mich erstaunlich sehr herzlich. Die mussten doch ahnen warum ich hier war. Neben dem oberen Management der Airline waren noch zwei hohe Regierungsmitglieder mit am „Verhandlungs“-Tisch.

Um es abzukürzen, ich verpassten den Rückflug nach Zürich um 17 Uhr, denn das Gelage unten am Meer dauerte bis nach 18 Uhr. Mir wurde anschliessend eine Gelegenheit zur Übernachtung angeboten. Ich soll doch am folgenden Tag um 11 Uhr wieder ins Büro am Hauptsitz kommen. Während des ganzen Nachmittags hatte ich ja keine passende Möglichkeit das geschäftliche Thema anzusprechen.

Auf die Minute genau, typisch schweizerisch, war ich wieder um 11 Uhr da beim Empfang. Niemand da, der mir Auskunft geben konnte. Bis mir mitgeteilt wurde, dass der Fahrer unten am Eingang auf mich warte. «Same procedure as yesterday». Unten am Meer wurde wieder getrunken, gegessen und das Leben genossen. Diesmal wurde es dunkel am Himmel ohne das wichtige Thema anzusprechen zu können. War das deren Taktik? Diese Frage beschäftigte mich die halbe Nacht und wie kann ich nur die Erwartungen meines Auftraggebers am Folgetag noch erfüllen.

Wie vereinbart war ich um 14 Uhr am Flughafen. In der Präsidentenlounge warteten der Präsident Emilio und der CEO Alexander auf mich. Endlich nach dem dritten Metaxa konnte ich mein Anliegen vorbringen. Ohne ein Ultimatum zu stellen versuchte ich höflich die Situation meines Auftraggebers zu erklären.

Eigentlich war ich aus zwei Gründen unter grossem Druck. Ich brauchte einen Verhandlungserfolg und der Abflug des Linienfluges nach Zürich war um 15.30 Uhr. Ich hatte den Rückflug schon abgeschrieben, war doch die Check-In Zeit schon vorbei, sagte Emilio, dass sie mich direkt zum Flugzeug bringen würden. Noch ein, zwei weitere Metaxa, dann endlich wurde ich mit den zwei Herren direkt über den Tarmac zum Flugzeug gefahren.

Noch bevor der Fahrer die Türe auf meiner Seite öffnete, übergab mir Emilio einen Umschlag. Ich soll den Umschlag öffnen, meinte er lächelnd. Darin waren zwei Bankchecks je zu einem Betrag von 1 Mio. USD. Beide Herren bedankte sich bei mir, dass ich mit Ihnen die Zeit verbracht hätte und meinten, ich wäre der erste Abgesandte gewesen, der sich ihren örtlichen und kulturellen Gepflogenheiten angepasst hätte.

Mit 25 Minuten Verspätung startete der Linienflug nach Zürich und ich war vom vielen Metaxa mehr als halb beschwipst. Aber auch tiefst erleichtert,  dass ich meinen Auftraggebern eine Erfolgsmeldung überbringen konnte.
Ihr hättet die Gesichter der Damen und Herren der Konzernleitung sehen sollen, als ich denen feierlich die Bankchecks von 2 Mio. USD übereichen konnte.

Fazit:
Während meiner Weiterbildung zum Verhandlungs-Coach, noch in den Büchern vom Verhandlungs-Profi Jack Nasher https://jacknasher.com/ sind solch ähnliche Situationen dargestellt oder gar vorgekommen. Ich habe aber schon daraus gelernt, dass es auch zur Verhandlungstaktik gehören kann, den Verhandlungspartnern genügend Spielraum für sich zu geben.  Es muss ja nicht immer Metaxa im Spiel sein.

Autor:
Peter Marugg 
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